Emisch vs. etisch!
Ja ja, sie haben richtig gelesen: Etisch schreibt sich ohne stummes „h“, weil es sich um einen speziellen Begriff handelt. Er bezeichnet eine bestimmte Grundhaltung in der empirischen Sozialforschung und damit auch Umfrageforschung: ein Forscher nimmt diese Grundhaltung ein, wenn er den Gegenstand seiner Untersuchung mit seiner eigenen Sichtweise und seinen eigenen Vorstellungen heraus erklärt. Emisch wäre seine Grundhaltung, wenn er seine eigenen Vorstellungen hintanstellt und aus der Logik der Befragten argumentiert.
Klingt so, als hätte da jemand um mindestens eine Ecke zu viel gedacht!? – Wenn wir etwas über einen Untersuchungsgegenstand erfahren wollen, dann gehen wir immer von bestimmten Annahmen aus. Grob lassen sich diese in eben 2 Lager teilen: entweder ich glaube, dass meine bisherigen Annahmen halten und richtig sind, und ich „meine Pappenheimer kenne“; oder ich denke, dass ich mein eigenes Wissen in Frage stellen muss, und ich „meine Pappenheimer“ wohl erneut kennenlernen sollte.
Ist Ihnen an meiner Formulierung über die Untersuchten etwas aufgefallen? In Umfragen und der Forschung werden Menschen so schnell zu „Objekten“ – deshalb ist diese Unterscheidung in der Grundhaltung auch so wichtig! Nicht weil die eine oder andere Grundhaltung besser wäre, sondern weil die Unterscheidung uns daran erinnert, dass wir es letztlich mit Menschen zu tun haben, und ihr Handeln immer gut für Überraschungen ist! Denn jedes menschliche Verhalten kann, muss aber nicht mit unseren Vorstellungen erklärbar sein. – Das bedeutet auch den Respekt vor unseren Befragten nicht zu verlieren.
Was bedeutet das für die angewandte Forschung? Eine emisch geleitete Untersuchung ist quasi ein Reset des eigenen Wissens. Oder zumindest eine Überprüfung desselben. Es kann sich eine neue Erkenntnis einstellen (also eine Innovation). Dafür gibt es allerdings keine Garantie. Andererseits sind mit dem Risiko auch Kosten verknüpft, weil zusätzliche Interviews oder Beobachtungen angestellt werden müssen. Eine etische Untersuchung hingegen ist relativ gesehen günstiger, weil bereits bestehende Annahmen überprüft werden. Nona: Innovation ist fast auszuschließen. Eine Kombination ist daher meistens ein guter Kompromiss!